Oans-Zwoa-Gsuffa

Folgende Story ist uns zu Ohren gekommen: Nach einer längeren Besprechung in einem Büro am Waldesrand am hintersten Lande ging es etwas feucht-fröhlicher zu, und schließlich verschwand einer der, laut Anwesenden, stark erheiterten Mitarbeiter - und das spurlos. Eine weitere Mitarbeiterin, zufällig Handlerin von gleich zwei Mantrailern in Ausbildung, wurde daraufhin angerufen: Sie könnte ja versuchen, mit ihren Hunde den Abgängigen zu finden. Als Geruchsträger diente ein T-Shirt, das der verschwundene junge Mann den ganzen Tag getragen hatte, bevor er sich für die Besprechung im Büro umzog. Die Hunde leben zusammen mit dem Abgängigen in einer Wohngemeinschaft, er ist für sie also eine vertraute Person. Der erste Hund wurde angesetzt und suchte tapfer durch die Wildnis des finsteren Waldes, wurde allerdings nach 20 Minuten aus der Suche genommen, weil er Anzeichen von Müdigkeit zeigte - er zählt zu den sehr kurzbeinigen Exemplaren der Gattung Canis trailiaris. Der zweite Hund, jung und unroutiniert, gab nach der ersten Kreuzung, an der er vier Negative anzeigte, auf. Zur Beruhigung der Leser: Der Abgängige fand sich schließlich, friedlich schlafend, im eigenen Bett. Er hatte sich zwar kurzfristig im Wald verirrt, dann aber doch noch irgendwie nach Hause gefunden …

Wir haben diesen Vorfall zum Anlass genommen, um in einem nicht ganz ernst gemeinten Versuch zu testen, inwieweit der Alkoholkonsum einer verschwundenen Person Einfluss auf die Leistung unserer Hunde hat, wenn wir ihnen einen Geruchsträger präsentieren, der vor dem Konsum von Alkohol abgenommen wurde. Real life sozusagen. Der zugrundeliegende Gedanke war, dass, vor allem in Weinregionen wie der unsrigen, damit zu rechnen ist, Personen zumeist nach mehr oder weniger exzessivem Alkoholgenuss als vermisst gemeldet werden und ein "alkoholsierter" Geruchsträger nur selten vorhanden ist. Zusätzlich sollten überhaupt wir davon ausgehen, dass viele Personen, die auf Irrwege geraten, ein verändertes Geruchsbild zeigen, sei es nun durch Alkohol- oder anderen Suchtmittelkonsum oder einfach durch stressbedingte homornelle Veränderungen. Je länger wir über das Thema diskutierten (und - zugegeben - auch witzelten), desto weniger selbstverständlich erschien es uns, dass für den Hund der präsentierte Geruch der verschwundenen Person und das Geruchsbild, das sie in angetrunkenem Zustand hinterlassen würde, so weit vergleichbar sein sollten, dass er sich ohne Zögern auf die Suche machen würde.

Vorausgeschickt: Der Jux fand große Zustimmung. Der Andrang an freiwilligen Versteckpersonen war enorm. Wir wählten – wie in der vorangegangen Story – fünf den Hunden vertraute Personen aus, die (natürlich ausschließlich im Sinne des Erkenntnisgewinns) bereit waren und sich selbst auch noch für fähig hielten, mit einem Alkoholspiegel von ca. 1 Promille für uns double-blind-Trails in der Länge von ca. 500 m zu legen. Genauer definiert: Der Alkoholspiegel der Personen zum Zeitpunkt des Abgangs bewegte sich – gemessen mit einem geeichten Alkohol-Vortester – zwischen 0,8 und 2,2 Promille. Die Geruchsträger wurden vor Beginn des Alkoholkonsums, zwei Stunden vor dem Legen der Trails, abgenommen. Die kurze Distanz erklärt sich damit, dass kein einziger der Versteckten mehr in der Lage gewesen wäre, den Trailtracker zu bedienen. Da jede der versteckten Personen alleine loszog und auch das Trailteam nur von einem Kameramann begleitet wurde, der keine Hilfestellung leisten konnte, weil er den Trail ebenfalls nicht kannte, hatten wir so noch die Chance, sie über Handy zu erreichen und uns ihren ungefähren Aufenthaltsort auf dem uns unbekannten Gelände eines typischen Weinviertler "Kellerbergs" durchgeben zu lassen. Auf Flanker haben wir bewusst verzichtet, um a) jegliche Beeinflussung der Hunde und b) der Handler auszuschließen, weil wir die Teams absolut selbstständig arbeiten lassen wollten. Zur Auswertung der Trails konnten wir - bis auf Spike, der im Gestrüpp nicht mehr filmbar war -, auf das Filmmaterial zurückgreifen.

Kein einziger der Hunde hatte auch nur das geringste Problem, den Abgang 10 Minuten nach dem Verschwinden der versteckten Person zu finden. Luzifer und Spiky erreichten ohne Umwege in hohem Tempo das Ziel. Luzi hatte noch dazu das Handicap, von einem frei laufenden Hund ungewollt "geflankt" zu werden, während der kurzbeinige Spiky eine VP suchte, bei der der erhöhte Alkoholspiegel einen ungeahnten Kreativitätsschub ausgelöst hatte und die sich quer durch Büsche, Dornengestrüpp und Unmengen an Kletten über Steilhänge schlug, um dann schließlich in einem Strohhaufen zu landen, der um einiges weiter entfernt war als die vereinbarten 500 Meter. Roberts Coe kam nach einer Korrektur kurz aus dem Konzept, dann aber glücklich bei der Versteckperson an. Die zwei Youngsters, Amy und Aramis, hatten kurz vor der VP eine offene Fläche zu queren und scheiterten, wie unsere Filmaufnahmen gezeigt haben, an Handlerfehlern bzw. daran, dass ihre Handler Überlegungen dazu anstellten, wohin ihre Versteckperson wohl gegangen sein könnte, und manche Optionen, die ihnen unmöglich vorkamen, von vornherein ausschlossen.

Unser Fazit: Grundsätzlich scheinen Hunde kein Problem damit zu haben, alkoholisierte Personen zu finden, die ihnen bekannt sind, selbst wenn deren Individualgeruch durch Alkoholkonsum verändert ist. Was uns bei diesem Versuch allerdings eine Lehre war: Die Wege, die Alkoholisierte nehmen, entbehren jeglicher nüchternen Logik! Ebenfalls interessant: Ohne den "Schutz" eines verlässlichen Flankers fühlt sich so manche/r HandlerIn sehr auf sich selbst und den Hund reduziert und gerät in Stress, sobald der Hund kein deutliches Suchverhalten mehr zeigt bzw. unschlüssig ist, woraus sich auch diverse Fehlinterpretationen erklären.

Wir bedanken uns bei allen Teilnehmern, die für diesen Versuch freiwillig ein paar Gläser zu viel getrunken und sich voller Vertrauen auf die Fähigkeiten unsere Hunde auf den Weg gemacht haben. Wieder einmal herzlichen Dank an alle Mitarbeiter von researchdogs für die perfekte Organisation dieses Testlaufs. Wir haben vor, diesen "Versuch" demnächst mit Fremdpersonen unter ähnlichen Bedingungen zu wiederholen (Freiwillige vor!). Im nächsten Durchgang werden wir die Spur jedoch mindestens 1 Stunde liegen lassen.