Rückspiegel 2014

researchdogs existiert nun so gut wie zwei Jahre. Grund genug für uns, ein Resümee zu ziehen, Stellung zu nehmen und uns zu positionieren. Zu allererst wollen wir uns bei unseren Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmern bedanken, die einerseits den Wert des Trailens als Mittel der Wahl für die Suche von vermissten Personen in Zeiten wie diesen kritisch betrachten und zugleich jedoch von der Nasenleistung unserer aller Hunde fasziniert sind – oder sich einfach darüber freuen können, dass ihr Hund unheimlichen Spaß daran hat, seine Nase zu benutzen.

Wir können zwischenzeitlich davon ausgehen, dass unsere Hunde uns weder „anlügen“ noch aus Jux und Tollerei lieber der Katzenspur als dem Trail folgen. Wir sehen das sog. „Versagen“ des Hundes, das gerne „korrigiert“ wird, wie auch den sog. „normalen Leistungsabfall“ als Frage der Motivation und nicht zuletzt als Fehler des/derjenigen, der/die sich am anderen Ende der Leine befindet, schiebt, drückt oder blockiert. Wir gehen sogar so weit, viele Fehlentscheidungen oder auch Erfolge des Hundes auf Flanker zurückzuführen, die sowohl Hund als auch Mensch körpersprachlich beeinflussen. Das gilt im Übrigen auch für Prüfer, die es grundeigentlich besser wissen sollten.

Insofern zweifeln wir die Objektivität von Prüfungen, in denen der Prüfer den Trailverlauf kennt, grundsätzlich an. Wir distanzieren uns damit auch davon, die Art von Trailen, das wir vermitteln, als durch Prüfungen beurteilbare „Sportart“ zu bezeichnen, nicht zuletzt deshalb, weil im Hundesport die Grenzen zwischen „Sport für den Hund“, „Sport mit dem Hund“ und „Hund als Sportgerät“ nicht selten zu verschwimmen drohen. Wir betrachten den Hund als unseren Partner, der über Fähigkeiten verfügt, die über unsere eigenen weit hinausgehen. Damit er diese Fähigkeiten auch für die von uns vorgegebenen Zwecke einsetzen lernt, müssen wir wiederum mit dem Hund zu kommunizieren lernen und ihn gegebenenfalls auch unterstützen – denn manche unserer (Denk-)Fähigkeiten gehen weit über die des Hundes hinaus. Dass in diesem Zusammenhang der Themenkomplex „Bindung“ – und nicht etwa in der Konstruktion „Opferbindung“, die es im eigentlichen Sinn des Wortes gar nicht geben kann – zum Tragen kommt, versteht sich von selbst. So gesehen kommt der Begriff „Sport“ für das Trailen doch zu seiner Berechtigung – als Denksport für den Menschen, kombiniert mit dem Training von Einfühlungsvermögen und Reaktionsfähigkeit.

Im Zusammenhang damit wird auch die Frage nach der „geeigneten Rasse“ obsolet. Abgesehen von Hunderassen, denen man erschwerte Atmung und/ oder eingeschränkte Beweglichkeit angezüchtet hat, halten wir jeden Hund dafür geeignet, mit ihm angepassten Ausbildungsschritten und seiner Persönlichkeit entsprechender Motivation Trailen zu lernen und Spaß daran zu haben. Egal, ob es sich nun um sog. „Arbeitshunde“ oder sog. „Couch-Potatoes“, sog. „Kampf“- bzw. „Listenhunde“, Mischlinge, große, kleine, rüstige Senioren, Junghunde oder sonst welche Hunde handelt – jede einzelne ihrer Nasen ist der menschlichen unfassbar weit überlegen.

Einen wesentlichen Grund, warum die Ausbildung eines Hundes stagniert, sehen wir in Überforderung und Stress. Wir haben über einige Zeit unseren Fokus auf Stresssymptome gerichtet, viele Stunden mit unserem Videoarchiv verbracht, Hunde genau beobachtet und uns die Frage gestellt, wie viel Spaß das Trailen für den Hund wirklich bedeutet. Die Resultate haben uns dazu gebracht, im Training Abstand von vermeidbaren Stresssituationen und Frustration zu nehmen. Manche bezeichnen uns deshalb als Softies, und damit leben wir und unsere Hunde gut und gerne.

Die Beschäftigung mit der physischen Belastung des Hundes beim Trailen hat dazu geführt, dass wir gesteigerten Wert auf gut sitzende Geschirre legen, die die Zugkraft optimal verteilen und die Schulter des Hundes frei lassen. In diesem Zusammenhang ist auch gutes – d.h. in diesem Fall: schonendes – Leinhandling zu nennen. Betrachten wir den trailenden Hund als Athleten, so wird auch gezieltes Aufwärmen ebenso selbstverständlich wie eine sanfte „Abfrage“ von Muskel- und Gelenksbelastungen nach dem Training.

Wir sind stolz darauf, dass es uns gelungen ist, Diskussionen in Gang zu bringen. Dass es heute z.B. bereits zum guten Ton gehört, Hunde am Start nicht „in den Sack“ zu zwingen. Dass vieles, was in der Ausbildung „immer so gemacht“ wurde, zwischenzeitlich auf Sinnhaftigkeit hinterfragt wird. Woran wir nach wie vor arbeiten, sind die unrealistischen Vorstellungen von der Nasenleistung des Hundes, bzw. wir arbeiten an den Phantasien der Menschen, indem wir sie auffordern, sich mit der Realität zu konfrontieren. Das kommt oftmals nicht gut an.

Ein Vorwurf an uns zielt u.a. auch darauf, dass wir vereinsintern Teamworker sind, was den Verdacht nahe legt, dass jeder von uns allein „nichts könnte“. Der Vorwurf hat durchaus seine Berechtigung. Unser Verein besteht aus zwei qualifizierten Hundetrainerinnen und aus Menschen, die sich intensiv mit Theorie und Praxis des Trailens auseinandergesetzt haben, vielleicht mehr als so mancher Hundetrainer, der sich mit Sport und/ oder Problemverhalten von Hunden beschäftigt. Diejenigen von uns, die keine Ausbildung zum Hundetrainer absolviert haben, werden sich nicht anmaßen, sich als solche zu bezeichnen und im Zweifelsfalle dort Rat suchen, wo ein solcher zu finden ist. Das gilt auch für unser eigenes Training, in dem wir nicht nur die Trails für unsere Seminare mit unseren Hunden austesten, sondern uns gegenseitig ständig auf die Finger schauen. Nobody is perfect.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass unsere Seminare für einen ganz bestimmten Kreis von Menschen anziehend geworden sind: offene, kritisch denkende Menschen, die auch uns selbst und das, was wir vermitteln, in Frage stellen und uns damit fordern. Menschen, für die ihr/e Hund/e einen wichtigen und wertvollen Teil ihres Lebens ausmachen, die ihre Hunde lieben und Hunde sein lassen, die dazulernen und noch besser mit ihnen kommunizieren wollen, die „Welt in ihrem Kopf“ verstehen möchten und ihnen Emotionen zugestehen, ohne sie zu vermenschlichen, die über die Fähigkeiten ihrer Hunde staunen und sie respektieren können – wie wir auch. Dafür werden wir auch uns in Zukunft gerne weiter engagieren.